Mein erster Gedanke, als ich von diesem Album hörte war: Meine Güte. – Das kann nicht gut gehen.
Zugegeben: Leicht macht es sich die Band nicht, sich einer Popikone wie Bobby Gentry zu widmen. Deshalb hat sie sich auch eine respektable Crew an Bord geholt – Damen mit höchster Reputation wie Beth Orton, Nora Jones und die göttliche Lucinda Williams, um nur drei zu nennen.
Erste Liga von Anfang bis Ende sollte man meinen.
Das ist schon einmal gut gegangen: Der Throbbing-Gristle-Ableger X-TG hat sich mit einem ähnlichen Konzept an Nicos Desert Shore gewagt und schaffte es tatsächlich diesem erratischen Block , doch genau so ein relativ unbekanntem Kleinod wie Bobbie Gentrys The Delta Sweete, in der Popgeschichte eine alternative Perspektive zu verschaffen. Ein echtes Kunststück, wie Mercury Rev hier belegen.
Denn anders als die Engländer mit Nicos Werk, scheitern Mercury Rev daran, dem Werk aktuelle Relevanz zu verschaffen. Sie spielen schlicht eins ihrer Lieblingsalben nach – das sicher gekonnt, aber nicht beeindruckend.
Die Produktion selbst ist ebenfalls gekonnt und auf Hochglanz poliert. Das ist nicht das einzige Problem. Die herzergreifende Klarheit und Luftigkeit des Originals erstickt hier völlig in den Streichern, elektronischen Flächen und raumgreifenden Bässen. Die Percussionschlacht auf Reunion – oh je.
Tja, die Sängerinnen: Keine ist der rauchigen, herrlich ungeschliffen Stimme und schon gar nicht der hinter augenscheinlicher Schnoddrigkeit immer noch hörbaren Ergriffenheit Bobbie Gentrys gewachsen.
Um fair zu bleiben, muss ich drei Ausnahmen machen. Laetitita Nadler macht aus Mornin‘ Glory ihr eigenes Ding. Es hat etwas von Nancy Sinatra, wie sie sich dem Stück nähert. Offensichtlich hatte sie eine eigene Vision, die allerdings beinahe vom Mix abgewürgt wird.
Margo Price zeigt bei Sermon, dass auch sie Bobbie verstanden hat und das liegt mit Sicherheit daran, dass ihr Herz für traditionellen Country schlägt.
Dann kommen wieder diese dräuenden Streicherflächen und Epianoklimperkaskaden …
Die letzte angenehme Ausnahme ist Vashti Bunyans Version von Penduli Pendulum. Zum Glück bleibt die Produktion fast ausschließlich bei akustischen Klängen und einem seltsam deplatziertem jedoch nicht überflüssigem Chor.
Call to Lucinda Williams: Ode To Billie Joe bellt frau nicht!
Alles in allem: Ambitionierte Fleißarbeit ohne Inspiration.